Montag, 28. Juli 2014

Über die Monotonie des Alltags

hier der Link zum nach hören:



Heute möchte ich von der Monotonie des Alltags sprechen, oder auch weniger poetisch ausgedrückt, ich möchte über Langeweile reden.
Ausgelöst wurde dieses beunruhigende Gefühl der Leere durch das jähe Ende der Fußball-Weltmeisterschaft. Ich hätte nie gedacht, das ausgerechnet ich in ein WM-Loch fallen könnte, denn ich habe mich noch nie sonderlich für Fußball interessiert, aber dieses Jahr war es mal anders. Ich habe noch nie soviel und so begeistert Fußball geschaut wie in dieser WM, so regelmäßig und ausgelassen im Kreise meiner Liebsten verbracht, gejubelt und geschimpft. Ich fühlte mich wochenlang bestens unterhalten. Und jetzt? plötzlich wieder mal Zeit...
Doch bevor ich mich nun stresse neue Inspirationsquellen ausfindig zu machen, betrachte ich vielleicht einfach mal etwas genauer diese Ödnis der versiegten Quelle WM.
Was ist das überhaupt für ein Zustand – Langeweile?
Da liegt man nun handlungsunfähig auf seinem Bett, weiß nicht wohin mit sich und findet sich selbst erbärmlich in diesem Zustand, dabei haben schon viele große namenhafte Philosophen und Literaten, wie z.B. Heidegger und Nietzsche oder Goethe und Dostojewski ausgiebig über das Thema der Langeweile geschrieben, also sollte man diesem Phänomen vielleicht doch einmal etwas mehr Aufmerksamkeit schenken?
Die Philosophie sieht in der tiefen Langeweile eine existentielle Grunderfahrung und die Psychologie sieht darin die Chance neue Potentiale für sich zu entdecken. Klar die Langeweile ist nicht nur heilbringend. Man hat einen Zusammenhang zwischen Langeweile und Drogenmissbrauch hergestellt, sowie zur Aggression und Depression.
Der vormoderne Vorläufer der Langeweile ist die acedia – die sogenannte Trägheit. Die frühen Kirchenväter sahen in ihr die schlimmste aller Sünden, da sie der Ursprung aller anderen Sünden sei. Historisch betrachtet ist die Langeweile ein modernes Phänomen. Vor der Romantik war sie nur dem Adel und den Mönchen vorbehalten, sie war lange ein Statussymbol der oberen Schichten, denn nur dort verfügte man über die materiellen Mittel, die für ein Leben in Müßiggang erforderlich waren.
Heutzutage jedoch erheischt die Langweile jeden. Ich kenne kaum Leute, die sich noch nie in ihrem Leben gelangweilt hätten. Es ist heute auch verdammt schwierig geworden sich echtem Müßiggang hinzugeben, zu schnell wird aus Muße Langeweile. Irgendwie muss die Welt in Bewegung bleiben, sei es durch Arbeit oder Freizeit. Immer schön an der Oberfläche paddeln, bloß nicht aufhören, denn sonst versinkt man noch in tiefe Gefilde mit unangenehmen Erkenntnissen. Langeweile ist verbunden mit einem Zeit-Vertreib im wörtlichen Sinne, die Zeit, bzw. Ihre leere Dauer muss vertrieben werden, die Weile die vergeht ist zu lang und daher zu quälend. Die Jagd nach Vergnügen, zeigt die Angst vor dieser Leere. Und gerade weil wir in dieser Gesellschaft unter der Doktrin der Selbstverwirklichung stehen, wird der Alltag schnell zum Gefängnis. Die Langeweile oder die leere Zeit ist vielmehr eine Überzeugungs- oder Sinn-Leere, die aus einem Überdruss an Sinn-Angeboten entsteht. Selbstverwirklichung gut und schön aber nur welche Art von Selbst soll ich denn verwirklichen?
Und was war die WM für ein willkommenes Ereignis. Dieses Fieber, der Rausch der Emotionen, ein Schauspiel, ein Kampf – die WM hat uns zeitweise von dieser Frage befreit. Das Individuum konnte untertauchen in diesem unterhaltsamen Wahn der Masse.
Und jetzt plötzlich diese Erlebnisarmut, die Monotonie des immer Gleichen oder eben auch Alltag genannt.
Das Problem liegt wohl vor allem darin, zu akzeptieren, dass es nichts anderes gibt als kleine Augenblicke, und dass das Leben zwischen diesen Augenblicken eine Menge Langeweile bereithält.
Nun heißt es vier Jahre warten oder sich auf die EM freuen.
Doch noch was Positives - in der Langeweile ist die Leere der Zeit keine Ereignisleere, denn es gibt immer etwas in dieser Zeit und sei es nur der Anblick einer trocknenden Farbe oder ein Schattenspiel an der Wand. Akzeptieren wir diese Ruhe als wesentlichen Bestandteil des Lebens lässt sie sich auch ganz gut aushalten und falls sie einem doch zuviel wird, dann ist mein Geheimtip gegen die Langeweile, gute Musik auflegen und tanzen tanzen tanzen!

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