Montag, 7. Juli 2014

"Lieben" von Karl Ove Knausgard

hier der Link zum nach hören:

http://www.mixcloud.com/multicultfm/rubrik-martjes-kritiritik-lieben-karl-ove-knausgard-buch/

Karl Ove Knausgard, der Marcel Proust unserer Zeit
Ich habe mal gehört, dass in Norwegen das Smalltalk Gespräch Nummer eins auf Partys die Romane des norwegischen Schriftstellers Karl Ove Knausgard sind.
Knausgard hat in den letzten Jahren sechs autobiografische Mammutwerke von sich veröffentlicht und die ersten drei davon gibt es nun auch in deutscher Übersetzung. Im Original lautet der Titel dieser Bände „Min Kamp“, auf deutsch „Mein Kampf“, und konnte so unmöglich ins deutsche Übertragen werden, daher hat jeder Band einen eigenen neuen deutschen Titel: der 1. Band heißt Sterben, der 2. Lieben und der 3. Spielen.
Die Bände haben zusammen ca. 4000 Seiten, aber davon sollte man sich auf gar keinen Fall abschrecken lassen, denn diese Bücher haben höchstes Suchtpotential. Ich habe vor kurzem den Band Lieben verschlungen und möchte ihn Euch heute hier vorstellen und ans Herz legen.
In Lieben geht es um die erste Begegnung mit seiner Frau, die Entstehung ihrer Liebe, darüber was es bedeutet Vater zu werden und seine Kinder zu erziehen und die alltäglichen Höhen und Tiefen einer Ehe zu meistern.
Das Besondere aber an seinem Werk ist eine schonungslose Ehrlichkeit und die Kraft und Schönheit seiner Sprache. Er beschreibt en Detail ganz alltägliche Situationen mit einer Sprache, die uns in seine Welt aufsaugt und süchtig macht. Wir lernen ihn, den Schreiber und Protagonisten, bis in seine intimsten Gedanken kennen; seine inneren Monologe über seine Frau und seine Kinder, über seinen Kampf und seine Liebe, und mit der Zeit wird er wirklich zu einem guten Freund. Er geht hart mit sich selbst ins Gericht, wenn er über seine Unsicherheiten schreibt, und wie er sich manchmal, wie ein losgelöster Teil, wie ein Fremdkörper durch diese Welt bewegt. Es wird klar, dass sein Wahn alles genau aufschreiben zu müssen, für ihn notwendig ist, um die Wirklichkeit zu verstehen. Denn erst durch das Beschreiben der Menschen, Dinge und Stimmungen die ihn umgeben, erfahren Sie für ihn eine Bedeutsamkeit.
Seine Herangehensweise ist nicht ganz unumstritten. Knausgard hat mehrere Klagen wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts am Hals, seine Frau liegt nach der Lektüre seines Werkes in einer geschlossenen Anstalt und auf die Frage seiner Ex-Frau, warum er alles so rücksichtslos über sie aufgeschrieben habe, sagt er: „Das was ich gemacht habe, ist unverantwortlich.“ und weiter: Es fühle sich an, als habe er dem Teufel seine Seele verkauft – schließlich habe er im Tausch für die Bücher viel Geld und Ruhm erhalten. Aber seine Motive, sagt er, seien edel. Er habe einfach das Leben aufschreiben wollen, wie er es sieht.“
Karl Ove Knausgard ist der Marcel Proust unserer Zeit. Und das Schönste ist, wenn man das Buch zu Ende gelesen hat, dann geht es erst richtig los, denn da liegen noch viele viele tausende von Seiten vor einem. Ich wünsche Euch viel Spaß beim lesen!

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