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Heute möchte ich
von der Monotonie des Alltags sprechen, oder auch weniger poetisch
ausgedrückt, ich möchte über Langeweile reden.
Ausgelöst wurde
dieses beunruhigende Gefühl der Leere durch das jähe Ende der
Fußball-Weltmeisterschaft. Ich hätte nie gedacht, das ausgerechnet
ich in ein WM-Loch fallen könnte, denn ich habe mich noch nie
sonderlich für Fußball interessiert, aber dieses Jahr war es mal
anders. Ich habe noch nie soviel und so begeistert Fußball geschaut
wie in dieser WM, so regelmäßig und ausgelassen im Kreise meiner
Liebsten verbracht, gejubelt und geschimpft. Ich fühlte mich
wochenlang bestens unterhalten. Und jetzt? plötzlich wieder mal
Zeit...
Doch bevor ich mich
nun stresse neue Inspirationsquellen ausfindig zu machen, betrachte
ich vielleicht einfach mal etwas genauer diese Ödnis der versiegten
Quelle WM.
Was ist das
überhaupt für ein Zustand – Langeweile?
Da liegt man nun
handlungsunfähig auf seinem Bett, weiß nicht wohin mit sich und
findet sich selbst erbärmlich in diesem Zustand, dabei haben schon
viele große namenhafte Philosophen und Literaten, wie z.B.
Heidegger und Nietzsche oder Goethe und Dostojewski ausgiebig über
das Thema der Langeweile geschrieben, also sollte man diesem Phänomen
vielleicht doch einmal etwas mehr Aufmerksamkeit schenken?
Die Philosophie
sieht in der tiefen Langeweile eine existentielle Grunderfahrung und
die Psychologie sieht darin die Chance neue Potentiale für sich zu
entdecken. Klar die Langeweile ist nicht nur heilbringend. Man hat
einen Zusammenhang zwischen Langeweile und Drogenmissbrauch
hergestellt, sowie zur Aggression und Depression.
Der vormoderne
Vorläufer der Langeweile ist die acedia – die sogenannte
Trägheit. Die frühen Kirchenväter sahen in ihr die
schlimmste aller Sünden, da sie der Ursprung aller anderen Sünden
sei. Historisch betrachtet ist die Langeweile ein modernes Phänomen.
Vor der Romantik war sie nur dem Adel und den Mönchen vorbehalten,
sie war lange ein Statussymbol der oberen Schichten, denn nur dort
verfügte man über die materiellen Mittel, die für ein Leben in
Müßiggang erforderlich waren.
Heutzutage jedoch
erheischt die Langweile jeden. Ich kenne kaum Leute, die sich noch
nie in ihrem Leben gelangweilt hätten. Es ist heute auch verdammt
schwierig geworden sich echtem Müßiggang hinzugeben, zu schnell
wird aus Muße Langeweile. Irgendwie muss die Welt in Bewegung
bleiben, sei es durch Arbeit oder Freizeit. Immer schön an der
Oberfläche paddeln, bloß nicht aufhören, denn sonst versinkt man
noch in tiefe Gefilde mit unangenehmen Erkenntnissen. Langeweile ist
verbunden mit einem Zeit-Vertreib im wörtlichen Sinne, die Zeit,
bzw. Ihre leere Dauer muss vertrieben werden, die Weile die vergeht
ist zu lang und daher zu quälend. Die Jagd nach Vergnügen, zeigt
die Angst vor dieser Leere. Und gerade weil wir in dieser
Gesellschaft unter der Doktrin der Selbstverwirklichung stehen, wird
der Alltag schnell zum Gefängnis. Die Langeweile oder die leere Zeit
ist vielmehr eine Überzeugungs- oder Sinn-Leere, die aus einem
Überdruss an Sinn-Angeboten entsteht. Selbstverwirklichung gut und
schön aber nur welche Art von Selbst soll ich denn verwirklichen?
Und was war die WM
für ein willkommenes Ereignis. Dieses Fieber, der Rausch der
Emotionen, ein Schauspiel, ein Kampf – die WM hat uns zeitweise von
dieser Frage befreit. Das Individuum konnte untertauchen in diesem
unterhaltsamen Wahn der Masse.
Und jetzt plötzlich
diese Erlebnisarmut, die Monotonie des immer Gleichen oder eben auch
Alltag genannt.
Das Problem liegt
wohl vor allem darin, zu akzeptieren, dass es nichts anderes gibt als
kleine Augenblicke, und dass das Leben zwischen diesen Augenblicken
eine Menge Langeweile bereithält.
Nun heißt es vier
Jahre warten oder sich auf die EM freuen.
Doch noch was
Positives - in der Langeweile ist die Leere der Zeit keine
Ereignisleere, denn es gibt immer etwas in dieser Zeit und sei es nur
der Anblick einer trocknenden Farbe oder ein Schattenspiel an der
Wand. Akzeptieren wir diese Ruhe als wesentlichen Bestandteil des
Lebens lässt sie sich auch ganz gut aushalten und falls sie einem
doch zuviel wird, dann ist mein Geheimtip gegen die Langeweile, gute
Musik auflegen und tanzen tanzen tanzen!