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Der Herbst kommt und
zur Einstimmung gibt's heute ein Buchtip für einen herbstlichen
Schmöker mit dem man sich hinter den Ofen verkriechen kann. Er heißt
der „Der Unsichtbare Apfel“ und ist der Debütroman von Robert
Gwisdek alias auch bekannt als Käptn Peng. Der Berliner HipHopper
ist ja bekannt für seine intelligente Wortakrobatik, und jetzt gibt
es ein ganzes Buch von ihm. Man könnte sagen es ist eine Art
Entwicklungsroman, aber eher im metaphysischen Sinne. Er beschreibt
einen radikalen Selbstfindungsprozeß. Der Junge Igor wird zum jungen
Mann, der auf der Suche nach dem Frieden mit sich Selbst und der
Welt ist und sich dabei einem verrückten Experiment aussetzt. Für
100 Tage schließt er sich in einen dunklen und geräuschlosen Raum
ein, um seinen Geist an der Nicht-Information zerschellen zu lassen.
Gwisdek beschreibt auf eine sehr metaphorische und wortspielerische
Art diese quälende Unruhe eines Menschen, der versucht sich selbst
los zu werden, um sich selbst zu finden. Durch Formen geistiger
Anstrengung durchläuft er eine Reihe schon an Wahnsinn grenzender
Prozesse. Er beschreibt fast Gleichnishaft diese Zustände, die wie
Traumbilder oder Rätsel klingen. Und es erinnert beim lesen an eine
bestimmte Form von Meditation in die er sich begibt.
Beim lesen fühlte
ich mich auch oft an Gedanken von Nietzsche oder Kierkegard erinnert,
wenn zum Beispiel Gwisdek schreibt: „In meinem Bauch trage ich
einen tanzende Apfel, der zu groß geworden ist, um ihn zu gebären.“
In Nietzsches Zarathustra heißt es: „Man muss noch Chaos in
sich tragen um einen tanzenden Stern gebären zu können.“ Der
Apfel, der gerne als Symbol für Erkenntnis steht, ist hier die
Sehnsucht nach Selbsterkenntnis. Der Apfel ist das Chaos und ein
Stern ist noch nicht am Himmel, denn der Weg dahin ist hart und
anstrengend.
Und genau aus diesem
Grund stehe ich diesem Roman etwas zwiespältig gegenüber. Es ging
sich sehr gut an, doch in der Mitte des Romans wurde es immer
schwieriger für mich dranzubleiben und es erscheint mir, als wären
es zwei Unterschiedliche Teile, der Anfang und die Mitte des Romans
von verschiedener Art. Die Geschichte wird plötzlich immer absurder
und es ist klar, dass es hier nicht um eine Geschichte im
herkömmlichen Sinne geht, sondern um die Beschreibung von
Zuständlichkeiten, die dieses innere Chaos eines Menschen
beschreiben. Die Gleichnisse, die an Traum- oder Alptraumbilder
erinnern, sind nicht mehr logisch, sondern rein emotional nur noch zu
verstehen. Und da beginnt der Roman, also zumindest für mich,
tatsächlich tricky zu werden, denn es strengt ungemein an. Die
Szenen im Buch werden immer lauter, rasanter und verstörender. Sie
dringen psychologisch in den Leser ein und reißen ihm regelrecht den
Boden unter den Füßen weg. Gemeinsam mit dem Protagonisten stürzt
man in eine Schwindelerregende Bodenlosigkeit mit dem Spiel mit der
Wahrnehmung. Und genau dieses laute, tosende, ungerichtete Chaos
halte ich nicht aus, nach der Hälfte musste ich das Buch erstmal
weglegen.
Gwisdek geht mit
seinem Roman durch eine Sache durch, durch die ich scheinbar noch
nicht bereit bin zu gehen, aber ich wünschte ich wäre es.
Durch die Kunst der
Meditation oder der Aufmerksamkeit versucht Gwisdek das Rätsel der
Selbsterkenntnis zu lösen. Tja und ich kann Euch nicht sagen, ob er
es schafft, denn ich habe das Buch ja immer noch nicht zu Ende
gelesen.
Irgendwie ist das
wie im Leben – sich der Welt einfach hingeben, loslassen,
Widersprüche akzeptieren und immer schön entspannt bleiben – aber
wenn das nur so einfach wäre...
Trotzdem, und
vielleicht genau aus diesem Grund, ist das ja genau der richtige
Roman für den Herbst:)